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19 Oktober 2021

Interview Zeitschrift Agrotécnica mit Eduardo Urrestarazu

Interview, das die Zeitschrift Agrotécnica mit Eduardo urrestarazu

„Bellota hat es verstanden, den Erwartungen des Marktes gerecht zu werden“

Wir veröffentlichen hier ein Interview, das die Zeitschrift Agrotécnica mit Eduardo Urrestarazu, Generaldirektor von Bellota Agrisolutions in Spanien und Präsident von Agrisolutions für Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika (EAALATAM), geführt hat. 

Wie ist die Unternehmensgruppe weltweit strukturiert? Die Aktivitäten der Venanpri Group sind in zwei Geschäftsbereiche aufgeteilt: Werkzeuge (Bellota) und Komponenten für landwirtschaftliche Maschinen (Agrisolutions). Nach der organisatorischen Neustrukturierung organisierte sich die Gruppe in vier Zonen oder Regionen (Werkzeuge in Nordamerika, Werkzeuge in EAALATAM, Agrisolutions in Nordamerika und Agrisolutions in EAALATAM), mit einem Vorstand der Anteilseigner, einem nordamerikanischen CEO (Tom Welke) sowie 4 Präsidenten, die für die 4 Zonen verantwortlich sind. Ich habe zudem die Stellung als Generaldirektor des Unternehmens in Spanien inne.

Was ist Agrisolutions und was ist Bellota innerhalb der Gruppe? Agrisolutions ist die weltweit bedeutendste Gruppe für Komponenten und Lösungen für Bodenbearbeitung, Aussaat und Ernte. In unseren verschiedenen Werken produzieren wir unter Kundenmarken und eigenen Markennamen, von denen Bellota der bedeutendste ist, da er den gesamten Produktkatalog abdeckt und in den 81 Ländern, in denen wir präsent sind, eine führende Stellung einnimmt. Außerdem war Bellota eine strategische Marke bei der Schaffung der Kultur und Identität von Agrisolutions, da sie nicht nur in Spanien, sondern in allen Werken der Gruppe produziert wird. Die gesamte Gruppe umfasst rund 1.700 Beschäftigte, von denen etwa 1.000 auf den Geschäftsbereich Agrisolutions entfallen. Unsere Produktpalette umfasst 48.000 Artikel und ich kann vorwegnehmen, dass wir dieses Jahr im Bereich Agrisolutions mit einem Umsatz von 2 Mrd. US-Dollar abschließen werden. Innerhalb des Teams von Agrisolutions nimmt das traditionelle Team von Bellota eine Schlüsselstellung ein, nicht nur wegen seiner Größe, sondern weil es eine Kultur und Werte vermittelt hat, die die Sichtweise unserer Gruppe prägt (Qualität, Innovation, Globalität, der Landwirt steht im Mittelpunkt, Service, etc.).

Wie erfolgt die Aufteilung auf die Werke, damit alle Produkte auf der ganzen Welt lieferbar sind? In Nordamerika verfügen wir über ein Werk in Hamilton (Kanada) und ein weiteres in Rock Island (USA) sowie über 16 Logistikzentren, um die Fabriken unserer Kunden zu bedienen. Was EAALATAM betrifft, verfügen wir über ein Werk in Brasilien (Indaial), zwei in Spanien (Legazpi, Zumárraga), eins in Polen (Kutno), ein weiteres in Deutschland (Remscheid) sowie eines in Indien (Nashik). Standorte und Logistik, die sich nicht nur in der Nähe der Märkte sondern auch der Lieferanten und der Rohstoffen sind befinden, sind von entscheidender Bedeutung. Diese Nähe ist wichtig, ebenso wie „schlanke“ Produktionssysteme - die uns maximale Effizienz in Koordination mit den Erfordernissen der Kunden und maximale Flexibilität ermöglichen, dank der die durch den Nachfragezyklus des Sektors bedingten erheblichen Volumenschwankungen aufgefangen werden können - und ein Mitarbeiterteam, das sich mit Begeisterung für diese Arbeit einsetzt. Gemeinsam sind diese Faktoren die entscheidende Voraussetzung, um Wachstumszahlen wie in 2021 von 50% des Umsatzes zu erreichen und dabei unseren Lieferservice-Index bei 95% zu halten, und das in Situationen wie der, der wir uns aktuell gegenübersehen. 1 

Wie wird die Entscheidung getroffen, welches Produkt in welchem Werk hergestellt wird? Dieser Prozess ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Grundlegend sind dabei der geografische Standort des Werks sowie der Bedarf des Marktes in unmittelbarer Nähe. Um ein einfaches Beispiel zu nennen: In Brasilien werden Säscheiben gefertigt, seit dem vergangenen Jahr auch Eggenscheiben, da es sich dabei um die Produkte handelt, für die auf dem heimischen Markt Nachfrage besteht, um den Boden bearbeiten und aussäen zu können. Wir sind dabei, weitere Produkte zu entwickeln (Erntemesser), stets auf der Grundlage des Bedarfs des lokalen Marktes. Wenn wir von globalen Produkten reden, geht es uns darum, dass unsere Industrieplattform durch eine Kontrolle der Kosteninputs (Stahl, Wechselkurs, Energie, Transport) eine strategische Wettbewerbsposition sicherstellt, damit wir unseren Kunden jederzeit die konkurrenzfähigste Position anbieten und dabei gleichzeitig Qualität garantieren können. Ein Beispiel: Ab November werden wir in Spanien mit der Fertigung von Produkten für Hersteller in den USA  beginnen, da das Preisniveau für Stahl in Europa noch nicht die Werte von Nordamerika erreicht hat. Wir überwachen ständig die für unsere Geschäftstätigkeit kritischen Faktoren, um maximale Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen zu können. Dabei berücksichtigen wir die Stärken der einzelnen Produktionsstätten unserer Plattform. Wenn ein Werk zum Beispiel eine hohe Automatisierung aufweist, versuchen wir die Fertigung großer Serien dorthin zu verlagern und kleinere Serien für eher manuell funktionierende Werke vorzubehalten. Ziel ist es, all das so zu managen, dass wir unseren Kunden garantieren können, dass sie stets über das wettbewerbsfähigste Produkt verfügen, mit den von ihnen geforderten Spezifikationen. 

Zwischen Ihnen und starken Gruppe wie John Deere besteht immer eine bevorzugte Behandlung. Exportieren Sie diese Art von Beziehung auf andere Unternehmensgruppen? Ich möchte hier klarstellen, dass für uns die Beziehung zu jedem unserer Kunden von großer Bedeutung ist und dass wir entsprechend handeln. Es stimmt natürlich, dass wir auf der Grundlage unserer strategischen Vision strategische Vereinbarungen mit fast allen großen Herstellern auf weltweiter Ebene unterhalten. Es besteht kein Zweifel, dass die Pandemie viele dieser strategischen Vereinbarungen beschleunigt hat, da die großen Unternehmensgruppen gesehen haben, dass derzeit die beste Möglichkeit der Wertschaffung für ihre Kunden und ihr Geschäft  sowohl unter dem Gesichtspunkt von Qualität und Service als auch von Innovation weniger darin besteht, einen guten Preis zu suchen, als in der Fähigkeit, auf strategische Lieferanten zählen zu können. Der Preis ist nicht das Wichtige, wichtig ist es, auf der Grundlage der Wertschaffung wettbewerbsfähig zu sein; das ist etwas, was der Landwirt und der Markt erkennt und belohnt. Selbst zu den kritischsten Zeitpunkten der Pandemie hat Agrisolutions seine Kunden bedient, hat unglaublich schwierige Situationen gemanagt, ohne auch nur einen einzigen Tag zu schließen. Das alles war sehr schwer und nur dank unseres hervorragenden Teams möglich. Aber es hat auch Freude gemacht, denn unsere Kunden haben es uns gedankt. In aller Bescheidenheit sind wir doch auch stolz, dass es Bellota verstanden hat, den Erwartungen des Marktes zu entsprechen, und dass wir den Werten und dem Vermächtnis, das über die Jahre hinweg all die geschaffen haben, die Teil dieser Familie waren, alle Ehre gemacht haben. Diese Änderung der Sichtweise vieler Kunden im Sinne einer höheren Bewertung einer strategischen Beziehung haben wir bei Kunden erlebt, die nach 15 Jahren angesichts der Probleme mit ihren lokalen Lieferanten jetzt erneut mit uns zusammenarbeiten. Verbindlichkeit, Nähe, Zuverlässigkeit und Service sind auf dem aktuellen Markt grundlegende Werte.

Werden die bestehenden Probleme bezüglich Logistik und Preisen dazu führen, dass die Fertigung von Schlüsselelementen von Asien in Länder mit einer höheren Stabilität zurückverlegt wird, z.B. Europa und Nordamerika? Ohne jeden Zweifel, das ist etwas, was bereits im Gange ist. Und das ist kein exklusives Problem bestimmter Sektoren. Im Moment ist es auf allen Sektoren, auf denen Venanpri tätig ist, zu einer Verschiebung hin zu näheren Lieferketten gekommen, die allerdings über die erforderlichen Kapazitäten und Lagerbestände verfügen müssen. John Deere und die übrigen großen internationalen Hersteller setzen darauf, und so bringen sie es auch in ihren Strategien und Verlautbarungen zum Ausdruck. Diese Situation wird zum Wendepunkt werden. Und wenn man dann noch die aktuellen Probleme mit dem Stahl und den übrigen Rohrstoffen mit einbezieht, die nicht nur durch die Preise, sondern auch durch mangelnde Verfügbarkeit entstehen sind, hat man den perfekten Sturm, der die Änderung antreiben wird. Es ist schwer zu sagen, ob es sich dabei um eine strukturelle Änderung handelt, aber ihre Umsetzung wird wird wohl einen mittelfristigen Zeitraum in Anspruch nehmen.

Versuchen die Kunden jetzt, mehr Stock zu halten als zuvor? Auf jeden Fall. Produktverfügbarkeit und die Lagerbestände haben sich zum entscheidenden Faktor auf dem Markt entwickelt. Unsere Werke arbeiten derzeit mit maximaler Kapazitätsauslastung und wir sind dabei Maßnahmen zu ergreifen, unsere Kapazitäten zu erhöhen und die Fristen zu verkürzen. 

Und wie regelt man das alles mit den Kunden? Mit Vertrauen und Kommunikation. Indem man ihnen die Situation erläutert und sie bittet, ihren Bedarf zu planen, um die Produktverfügbarkeit sicherzustellen. Dank der Erfahrung und Professionalität unserer Kunden gelingt ihnen das. Wenn ein während langer Jahre aufgebautes Vertrauensverhältnis besteht, ist alles einfacher. Dank des Vertrauens, dass unsere Kunden in die Marke Bellota setzen, sind wir 2021 in der Lage, sehr komplizierte Situationen zu meistern, die, so wie es aussieht, auch 2022 weiterbestehen werden. Sorge bereitet auch die allgemeine Inflation, die auf uns zukommt (Energie, Transport, Lohnkosten, etc.). In einigen Fällen, zum Beispiel beim Transport, handelt es sich nicht mehr nur um eine nie dagewesene Inflation (Container, die beispielsweise Spanien-Nordamerika 3.000 Euro gekostet haben, und in 6 Monaten auf mehr als das Zweifache, auf 7.000 Euro steigen), sondern auch um mangelnde Verfügbarkeit. Hier in Europa schaffen wir es derzeit noch, die Lage zu meistern. In anderen Zonen dagegen (zum Beispiel in Indien) ist die Lage gerade wesentlich schlechter, da es keine Container gibt, um die Ware zu verschiffen. Und das ist kein Problem des Preises, es gibt einfach keine. Was die Auswirkungen der Inflation angeht, sind die Szenarien, die wir mit Blick auf 2022 voraussehen, erschreckend und weitaus komplizierter.

Bei all dem, was da gerade passiert, glauben Sie, dass es zu einem Wandel von globalen Märkten zu Autarkien kommen wird? Das ist eine exzellente Überlegung. Es ist nicht einfach zu beurteilen, ob wir uns auf eine Autarkie zubewegen, aber wir entfernen uns auf jeden Fall von der Globalisierung. Der Prozess der Homogenisierung von Kultur und Gewohnheiten wird weitergehen, aber unter dem ökonomischen Gesichtspunkt hat meiner Meinung nach ein Wechsel hin zur „Regionalisierung“ stattgefunden. Man kann Werke in Europa haben, die mehr oder weniger ein europäisches Umfeld bedienen, oder Werke in Lateinamerika, die ein lateinamerikanisches oder amerikanisches Umfeld bedienen, aber eine nachhaltige Versorgung des Marktes auf globaler Ebene mit einem Werk in Europa kann man vergessen. Es stimmt zwar, dass ein Werk in Europa, das eine bestimmte Art Produkt fertigt, nach Amerika liefern kann, aber wenn man auf dem amerikanischen Markt als zentraler Partner agieren will, braucht man ein Werk in Amerika, ansonsten ist dein Geschäftsmodell nicht haltbar. Ganz zu schweigen von Fällen wie Brasilien...

Zu welchen Preiserhöhungen wird es Ihrer Meinung im nächsten Jahr bei Agrisolutions kommen? Es wäre derzeit noch verfrüht, die Preiserhöhungen für das Jahr 2022 genau zu beziffern, da wir jeden Tag neue Meldungen in diesem Zusammenhang erhalten. Ich würde sagen, der akkumulierte Durchschnitt für den Zeitraum 2021-22 wird für unseren Sektor in Europa bei 50% liegen. Der Fall Brasiliens ist extrem, denn Ende 2021 wird dieser Wert bei über 120% liegen. Und all dies allein auf der Grundlage des Rohstoffs, denn wir erleben gerade auch sehr besorgniserregende Erhöhungen bei anderen Inputs, von denen wir noch nicht wissen, wie sie das alles beschleunigen. 

Ist der Endkunde in der Lage, diese Preise zu tragen? Im Moment trägt er sie, auf der Basis der Einnahmen, die er aus dem Verkauf seines Produktes (Weizen, Mais, etc.) erzielt, denn es ist von grundlegender Bedeutung die Verfügbarkeit sicherzustellen. Derzeit fehlt es allen an freien Fertigungskapazitäten (ganz zu schweigen von Lagerbeständen), denn die Probleme mit der Verfügbarkeit von Rohstoffen sind mit einem Wechsel des Nachfragezyklus des Sektors zusammengefallen. Im Moment ist der Landwirt in der Lage, diese Erhöhungen der Kosten aufzufangen, aber man muss diese Situation aufmerksam verfolgen, um zu sehen, ob das so bleibt und für wie lange.

Wie sieht die Entwicklung der Märkte angesichts der im Laufe der letzten beiden Jahre aufgetretenen Umstände aus? In unserem Sektor ist die Qualität von entscheidender Bedeutung und die darf man nicht aufs Spiel setzen, denn bei der Produktspezifikation können schon ein paar Mikrometer dazu führen, dass der Traktor, die Erntemaschine oder die Sämaschine mitten auf dem Feld stehenbleiben. Ich bin überzeugter Vertreter die industriellen Kapazität, der Innovation und der Entwicklung der westlichen Welt, sowohl in Europa als auch in Nordamerika und Brasilien. Aber das bedeutet nicht, dass wir auf dem Niveau der industriellen Kapazität und technologischen Entwicklung stehenbleiben dürfen, die wir in den 1980er, 1990er und 2000er Jahren hatten. Investitionen und Entwicklung sind entscheidend. Mit den erforderlichen Investitionen und einer adäquaten Technologie ist unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber asiatischen Lieferanten natürlich enorm, denn bei unserem Produkt ist die Spezifizierung des Rohstoffes von großer Bedeutung. Entscheidend ist an erster Stelle die Art des Rohstoffs, an zweiter Stelle, dass man über eine strategische Diversifizierung der Rohstofflieferanten verfügt (während der Pandemie hat sich gezeigt: wenn diese nicht versagen, versagst auch du nicht). Weiterhin ist es wichtig, Anlagen, Werke und schlanke Prozesse sowie Kapazitäten auf den Gebieten Technologie und Innovation zu haben, um sich den Wettbewerbern aus Asien oder anderen geografischen Regionen ohne Angst und Bedenken stellen zu können. Unsere Kunden wollen die Innovationszentren in ihrer Nähe haben, und da strategische Lieferanten wie Agrisolutions wesentlicher Teil dieser Innovation sind, bin ich mir sicher, dass sie sich wünschen und der Meinung sind, dass ein Lieferant wie wir seinen Standort in Westeuropa oder in Nordamerika haben sollte. Wir sind stolz, dass sich unsere industriellen Kapazitäten in der westlichen Welt befinden, und werden diese weiter stärken und in sie investieren.

Als Unternehmen, das andere Unternehmen beliefert, wie beurteilen Sie die Entwicklung dieser Marken nach anderthalb Jahren Krise? Erholen sie sich? Füllen Sie ihre Lager auf? Wie immer im Falle systemischer oder sektorieller Krisen, gehen die stärksten Unternehmen und vor allem solche, die eine klare strategische Vision haben, gestärkt aus dieser Situation hervor. Die großen werden stärker sein, einen größeren Marktanteil haben. Sie investieren in Fabriken, in Technologie, in Innovation, in Lagebestände, in Lieferanten, und das ist das Geheimnis.

Sind Sie als Lieferant von John Deere der Meinung, dass dieses Unternehmen derzeit die richtige Strategie verfolgt? Der Vorteil von John Deere gegenüber anderen ist, dass das Unternehmen die Dinge klar hat. Eine klare, definierte und zum Ausdruck gebrachte strategische Vision macht 90% des Erfolgs aus, denn damit gelingt es ihm, seine Mitarbeiterteams und seine Interessengruppen aufzustellen. Das Unternehmen hat eine Reihe von Investitionen vorgenommen, die meiner Meinung nach genau die richtigen waren. Ich glaube, mit dem Thema der Digitalisierung haben sie den korrekten Weg eingeschlagen. Auch wir haben vor 5 Jahren ein Projekt gestartet, an dem wir gemeinsam mit der Universität Complutense Madrid arbeiten. Es geht darum, unsere Komponenten zu digitalisieren, intelligente Komponenten zu schaffen, die dem Landwirt helfen, die Produktivität seiner Anbauflächen zu steigern. Für ein intelligentes System haben wir ein weltweites Patent angemeldet. Es ist schwer, zeitliche Voraussagen zu machen, aber das ist ohne Zweifel ein Weg, auf den wir voller Überzeugung setzen, ebenso wie auf die Verlängerung der Nutzungsdauer der Komponenten. Wir stimmen mit dem überein, was John Deere bezüglich der Digitalisierung sagt, denn es geht darum, dass die Produktivität der Landwirte gesteigert werden muss. Die Zeiten, in denen die Größe das Wichtigste war, sind vorbei. Wir haben eine Phase erreicht, in der es wichtig ist, sehr viel produktiver zu werden, sehr viel effizienter. Auch in anderen Strategien stimme ich voll und ganz mit John Deere überein, zum Beispiel darin, „differenzierte Qualität“ zu schaffen. Und ein anderes Thema, in dem wir übereinstimmen, ist es, sich auf das Ziel der Beherrschung des Ersatzteilmarkts zu konzentrieren. Nicht nur wegen des Geschäfts als solchem, sondern um den Landwirt zu binden und den Lebenszyklus der Maschinen zu kontrollieren. John Deere redet von einer Strategie des „Winning aftermarket“, in den dieses Unternehmen große Anstrengungen steckt, und wir arbeiten dabei mit ihnen zusammen, sowohl unter dem Gesichtspunkt des Produktdesigns oder der industriellen Planung als auch bezüglich der Logistik, d.h., bei der Erreichung der schnellsten und effizientesten Lieferkette bis zum Verkaufsort. Es gibt andere Dinge, mit denen ich vielleicht nicht ganz so einverstanden bin, aber ich möchte vor allem die Bedeutung der PR-Praxis hervorheben, die dieses Unternehmen im Hinblick auf seine Strategie gezeigt hat. Es ist wichtig, sich in irgendeiner Weise zu definieren. Das ist etwas, was auch wir seinerzeit im Jahr 2005 beabsichtigten. Als unser aktueller Eigentümer unser Unternehmen Bellota kaufte, kaufte er das Konzept und die Art zu Arbeiten dieses Unternehmens. Faktisch ist die Tatsache, dass die Marke Agrisolutions als Plattform geblieben ist, ein gutes Beispiel dafür, welchen Wert sie ihr beimaßen.

Wie hat sich die Nichtteilnahme an Messen während des vergangenen Jahres auf die PR-Politik des Unternehmens ausgewirkt? Generell hatten diese schon vor der Pandemie ihren Sinn verloren und viele Unternehmen befanden sich in der absurden Zwickmühle, an Messen teilzunehmen, ohne dass das großen Sinn hatte. In dieser Hinsicht hat uns die Situation, die wir durchgemacht haben, eine Möglichkeit zum Nachdenken geboten. In unserem konkreten Fall haben wir die Entscheidung getroffen, bis Mitte 2022 auf keiner Messe auszustellen und der Gesundheit der Menschen (Beschäftigte und Kunden) den Vorrang zu geben. Dadurch haben wir Zeit darüber nachzudenken, wie wir zukünftig vorgehen wollen. Ich bin jedoch sehr skeptisch, was die Messen angeht. Ich glaube schon, dass wir in der Zukunft bei großen Events (Agritéchnica, etc.) präsent sein werden, aber nur, wenn sie für uns wertschaffend sind.

Ist die EIMA, führend auf dem Gebiet der Komponenten, eine wichtige Messe für Bellota? Sie war es. Viele Jahre lang waren EIMA, Agritechnica und FIMA die wichtigen Messen für uns. Aber wie bereits gesagt, müssen wir genau beurteilen, welchen Wert eine Messe für uns hat, besonders auch angesichts des in Europa ausgebrochenen „Kriegs“ unter den Messen. Die Dinge haben sich grundlegend geändert. Die Kommunikation mit unseren Kunden ist jetzt eine permanente, es ist nicht mehr notwendig, auf eine Messe warten zu müssen. In der letzten Zeit hatten diese eher den Charakter eines gesellschaftlichen Events als einer üblichen Messe. Wir müssen uns für die Zukunft überlegen, ob es nicht zum Beispiel besser ist, einmal im Jahr ein Event zu organisieren und alle unsere Kunden einzuladen, oder sie zu einem unserer Werke zu bringen, um ein Produkt vorzustellen. Ich behaupte nicht, dass wir nie wieder an Messen teilnehmen, aber ich glaube, seitens der Messen wäre eine Reflexion über den Wert oder Nutzen, den sie schaffen, angebracht.

Was bringt die Übernahme von Andersen für Bellota? In den letzten Jahren haben wir eindeutig auf organisches Wachstum (mit Investitionen von mehr als 20 Millionen Euro zum Beispiel in unsere Werke in Spanien) und anorganisches Wachstum gesetzt (in Hinsicht auf die Übernahmen). 2018 haben wir in den USA Trinity übernommen, 2019 Carl Sulberg in Deutschland und USM (USA) und 2021 Lund Tecnology in Nordamerika. Im Juli haben wir in Polen Andersen erworben. In allen Fällen waren wir dabei auf der Suche, nach etwas, was wir nicht haben, sei es nun Technologie, Produkt, Marktanteil, Kapazität... Mit der Übernahme in Polen haben wir Produktionskapazität erworben. 2016 investierten wir in Spanien in ein neues Werk für Zinken (6 Millionen Dollar) und schon Mitte 2020 kam es mit voll ausgelasteten Kapazitäten nicht mehr nach. Was diese Art von Produkten anbetrifft haben wir in den letzten Jahren auf dem Weltmarkt und insbesondere in Europa ein exponentielles Wachstum durchgemacht. Wir haben den größten Marktanteil inne und genießen das Vertrauen aller Hersteller. Das brachte uns in die komplizierte Situation, wie wir weiter wachsen konnten: Entweder in ein neues Werk investieren oder bereits vorhandene Kapazität erwerben. Und mit dem Erwerb von Andersen haben wir uns für Letzteres entschieden. Es handelt sich um ein vollständig automatisiertes Werk, das 2016 eröffnet wurde. Es war das ehemalige Werk der Kongskilde-Gruppe. Das heißt, wir haben eine Fabrik mit erstklassiger Technologie und sofortigen Produktionskapazitäten gekauft, zu der die Nähe zum polnischen Markt und eine breite Produktpalette hinzukommen. Andersen war kein polnischer Hersteller. Obwohl sich das Werk in Polen befand, war Andersen ein dänischer Hersteller aus den 1920er Jahren, den die Kongskilde-Gruppe in den 1980er Jahren erwarb, um ein eigenes Werk für Zinken zu haben. Kongskilde war die renommierteste Zinken-Marke, die es je auf der Welt gab. Mit dem Kauf von Andersen, verfügt unsere Gruppe über die ganze Technologie und Tradition skandinavischer und dänischer Zinken-Fertigung, zusammen mit der Technologie von Kongskilde. Derzeit arbeiten wir an einem sehr ambitiösen Plan, das Werk noch weiter zu verbessern.

Welcher Markt ist der wichtigste für Agrisolutions in Westeuropa? Spanien, Deutschland, Frankreich und Skandinavien. 

Und in Lateinamerika? In Brasilien werden wir in diesem Jahr den Umsatz verdoppeln. Im vergangenen Jahr haben wir über 6 Millionen Dollar umgesetzt, dieses Jahr werden wir mit 13 Millionen Dollar abschließen. Das Werk in Brasilien hat bezüglich des Umsatzvolumens bereits die Werke in Indien und Deutschland übertroffen. Was Produktionskapazität und Ergebnisse anbetrifft, gehört es zu den 4 führenden Werken von Agrisolutions. Und ganz besonders freut es mich, dass uns dank der Plattform in Brasilien der Zugang zum argentinischen Markt gelungen ist, nachdem wir es über 20 Jahre nicht geschafft haben, dort präsent zu sein.